Aachen, 05.02.2025 – Vom 08.04. – 10.04.2025 findet der Online-Workshop „Integration von Elektromobilität ins Verteilnetz“ statt. Die Leiterin der Akademie, Andrea Schröder, hat dazu den Workshopleiter Herrn Alexander Vanselow interviewt und zur Integration von E-Fahrzeugen vor dem Hintergrund sinkender Verkaufszahlen, zur Entwicklung von bidirektional ladenden E-Fahrzeugen und deren Beitrag zur Netzstützung sowie zum Stand der Umsetzung des §14a EnWG befragt.
Andrea Schröder: Die Verkaufszahlen für E-Fahrzeuge blieben im letzten Jahr hinter den Erwartungen deutscher Automobilhersteller zurück. Verschafft dies Netzbetreibern eine Verschnaufpause bei der Integration von E-Fahrzeugen ins Verteilnetz?
Alexander Vanselow: Der Rückgang der Verkaufszahlen von E-Fahrzeugen mag kurzfristig den Druck auf die Verteilnetze verringern, sollte aber keinesfalls als Anlass für eine Pause verstanden werden. An den grundsätzlichen Ausbauzielen ändert sich nichts.
Gleichzeitig zeigt der verlangsamte Markthochlauf, dass der Ausbau der Ladeinfrastruktur beschleunigt werden muss. Denn eine leistungsfähige und flächendeckende Ladeinfrastruktur ist essenziell, um die Akzeptanz und Nachfrage nach E-Mobilität nachhaltig zu steigern. Netzbetreiber sollten daher weiterhin proaktiv ihre Netze ertüchtigen, um bestehende Herausforderungen in der Infrastruktur gezielt anzugehen. Hierfür gilt es zudem die Chancen die sich aus der Digitalisierung und aus regulatorischen Anpassungen (wie dem §14a EnWG) ergeben, bestmöglich zu nutzen.
Andrea Schröder: Bidirektional ladende Fahrzeuge könnten einen Beitrag zur Netzstützung liefern. Aktuell gibt es jedoch nur wenig E-Fahrzeuge, die bidirektional laden können. Wie schätzen Sie die Entwicklung in diesem Bereich ein?
Alexander Vanselow: Netzdienliches bidirektionales Laden, auch bekannt als Vehicle-to-Grid (V2G), bietet große Chancen für eine effiziente Nutzung erneuerbarer Energien. Durch die intelligente Steuerung von Lade- und Entladeprozessen könnten Elektrofahrzeuge als flexible Speicher fungieren, Last- und Erzeugungsspitzen ausgleichen und so auch zu einer besseren Marktsynchronisation beitragen. Das Thema ist allerdings sehr komplex. Neben den (aktuell noch) geringen Fahrzeugangeboten bestehen ebenfalls zahlreiche regulatorische Hürden. Allerdings gewinnt das Thema zunehmend an Bedeutung, auch in der regulatorischen Diskussion – was sich nicht zuletzt im Referentenentwurf zur Anpassung des EnWG und EEG zeigt. Trotz der bestehenden Herausforderungen wurden grundlegende Konzepte für den netzdienlichen Einsatz von V2G bereits in zahlreichen Forschungs- und Pilotprojekten untersucht und bestätigen grundlegend das Potential dieser Anwendungen.
Andrea Schröder: Seit letztem Jahr ist der §14a EnWG endlich in seiner aktuellen Ausgestaltung im Netzbetrieb angekommen. Sind damit nun alle Fragestellungen geklärt?
Alexander Vanselow: Für die konkrete Umsetzung des 14a EnWG bleiben noch immer einige zentrale und interessante Fragestellungen zu beantworten, insbesondere mittelfristig mit Blick auf die zukünftige Versorgungsaufgabe:
- Wie sollten die zeitvariablen Tarife nach Modul 3 ausgestaltet werden? Denn die Tarifausgestaltung kann, ähnlich wie alle zeitvariablen Tarife, bei hoher Durchdringung die Anreizsetzung verfehlen und neue Lastspitzen verursachen.
- Wie wird die Netzzustandsschätzung konkret in den jeweiligen Netzbereichen umgesetzt? Welche Verfahren eignen sich am besten für welche Netztypen?
- Welche Ereignisse sollen tatsächlich mit der Steuerung berücksichtigt werden, ab wann und für wie lange muss ein Steuerbefehl erfolgen, um Nachholeffekte der Lasten zu vermeiden?
- Mit welcher Steuerhäufigkeit und Steuertiefe müssen steuerbare Verbraucher zukünftig in ihren Anschlussnetzen rechnen? Und zu welchen Tageszeiten erfolgen diese?
- Wie ist die Möglichkeit zur Steuerung in der Netzplanung zu berücksichtigen?
Andrea Schröder: Vielen Dank für das Interview und die thematische Einordnung. Wir freuen uns bereits auf den Workshop.